Hakahori

The Toppermost of the Poppermost

Unter Beatles-Jüngern ist es eine der Fragen, die immer wieder gern diskutiert wird: Welches Beatles-Album ist nun wirklich das Beste? Natürlich gibt es darauf keine allgemeine Antwort, denn letztlich hängt das vom jeweiligen Geschmack des Hörers ab. Ich habe mich, für meinen Teil, entschieden:

Welch Überraschung, I know. Die einen sind von den Frühwerken á la »A Hard Day‘s Night« angefixt, wiederum andere vom erfolgreichsten Konzeptalbum überhaupt, »Sgt. Pepper‘s Lonely Hearts Club Band«, wogegen andere das »Weiße Album« als ihren Favoriten auserkoren haben. All das kann ich teils mehr und teils weniger nachvollziehen, doch für mich kommt nur »Abbey Road« in Frage, einfach weil alles stimmt.

Es fängt schon beim epischen Cover an. Zeitlos und so unglaublich simpel, dass jeder hätte darauf kommen können. Vier Männer, die sich zu der Zeit schon extrem entfremdet hatten, überqueren eine Straße direkt vor dem Studiogebäude – eben der Abbey Road. Dabei wirkt jeder der vier so, als würde er sein eigenes Ding drehen. Durch den Gleichschritt entsteht dennoch eine fast schon harmonische Verbindung. Und voran schreitet – fast schon gleichgültig – der Bandleader, John Lennon (vielleicht wartete damals ja Yoko Ono auf der anderen Straßenseite?!).

Was das Album bzw. die Musik selbst betrifft, kann ein (Beatles-)Album kaum runder sein. Jeder »Pilzkopf« kommt hier zu Wort. Der ewig unterschätzte und unterdrückte George Harrison kann mit »Something« und »Here Comes The Sun« mit seine zwei besten Songs unterbringen, und selbst Ringo Starr, der nun wahrlich kein talentierter Songwriter oder Sänger ist, liefert seinen Part mit »Octopus‘s Garden« ab. Die A-Seite des Albums wird Allgemein hin als Lennon-Seite tituliert, während sich McCartney auf der B-Seite austobte – mit einem von ihm konzipierten Abschieds-Medley, bis »The End«.

Musikalisch weist dieses Album absolut keine Schwachstellen auf. Es ist rund und komplett, der Charakter jedes Bandmitglieds kommt durch und doch arbeiten alle mit einer Harmonie zusammen, die man zu dieser Zeit nie hätte erwarten können.
Man bedenke: Zu dieser Zeit waren die Beatles bereits zerstritten. Lennon hatte unlängst vor, die Band zu verlassen, hatte das Interesse verloren und war bis über beide Ohren in Yoko Ono verliebt; warum auch immer. Auch George Harrison wollte endlich seine eigenen Songs an den Mann bringen, wurde er doch seit dem Beginn des Songwriting-Gespanns Lennon/McCartney nie richtig ernst genommen. Ringo Starr fühlte sich ebenfalls schon länger als fünftes Rad am Wagen. Zudem gab es noch einen hitzigen Rechtsstreit, der letztlich zum Ende führte. Nur McCartney hielt an der Band fest. Ihr letztes öffentliches Konzert (aka Rooftop-Concert) und die Aufnahmen zu »Let It Be« lagen schon hinter ihnen. Doch so wollten sie nicht auseinander gehen. Die vier zerstrittenen Dickköpfe kamen noch einmal zusammen und schufen – in dieser erdrückenden Stimmung – dieses Meisterwerk. Für mich eine unvorstellbare Leistung, die das Album zu einem unvorstellbar wertvollen Gut macht.

Dieses Album, »Abbey Road«, hat also Geschichte (geschrieben). Es ist vollkommen. Was man, meiner Meinung nach, von anderen favorisierten Beatles-Alben nicht ganz behaupten kann. Oft wird das »Weiße Album« (aka »The Beatles«) als bestes Album betitelt, dabei ist es lediglich eine Ansammlung von vielen verschiedenen Songs, zusammenhanglos, chaotisch und ohne roten Faden. Hier machte wirklich jeder sein Ding – und das hört man, noch heute.
»Sgt. Pepper« ist zwar ebenfalls ein grandioses, aber auch ein oft überschätztes Album. Kreativ, ja, aber an sich »ist es nur eine Aneinanderreihung von harmlosen Songs, nur dass man am Anfang und am Ende ein Sgt. Pepper-Song gespielt hat«, wie es Ringo (so oder so ähnlich) mal treffend formulierte. Lediglich »A Day in the Life« sticht hier klar heraus, welcher für mich einer der besten Beatles-Songs überhaupt ist.

Ich könnte jetzt alle Studio-Alben der vier Jungs durchgehen und alles auflisten was mir gefällt und was nicht, aber das lasse ich mal lieber bleiben. Die Frage nach dem besten Beatles-Album habe ich so, denke ich, gut beantworten können, und lege es jedem Musikliebhaber ans Herz, der beginnt, sich für die Beatles zu interessieren – aber vor allem auch für diejenigen, die die Beatles nur mit »She Loves You« und der Pilzkopf-Frisur in Verbindung bringen. Reinhören!

[Am 14. Mai 2011 geschrieben; nun – überarbeitet – neu veröffentlicht]



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