Hakahori

Angekommen

…die Wochen gingen also dahin und alles ohne einen halbwegs annehmbaren Blogeintrag. Verständlich, führt man sich vor Augen, dass der Tag ums Verrecken nicht mehr als 24 Stunden hergeben will und ich in den vergangenen Wochen so viel um die Ohren hatte, wie nie zuvor in meinem noch ach so jungen Leben. Ein Umzug muss geplant, Sachen gekauft und geschleppt, Wände gestrichen werden. Und da ich das alles mehr oder minder im Alleingang erledigen musste, hat mich das nicht nur Zeit, sondern auch Nerven und vor allem Kraft gekostet.
Aber wenn ich jetzt meinen Blick von der Couch aus schweifen lasse, hat sich das Schuften gelohnt – und das ist die Hauptsache.

Ich bin also drin, in meinem eigenen, kleinen Reich. Der eigentliche Umzug liegt schon eine Woche zurück. Meine Eltern karrten mit mir den sperrigen Rest aus meinem alten Zimmer in meine erste eigene Wohnung. Hier und da wurde noch etwas rumgewerkelt, geschraubt und gebohrt – und am Nachmittag war ich dann allein. Und es hat sich im ersten Moment nicht so erleichternd und befreiend angefühlt, wie ich es mir eigentlich immer vorgestellt hatte. Wenn man – wortwörtlich – sein ganzes Leben lang von Menschen umgeben ist und dann plötzlich von heute auf morgen quasi allein in seinen eigenen vier Wänden steht, fühlt man sich eben auch erst mal allein. Gestrandet. Hinzu kommt noch der große Batzen an unüberschaubarem Chaos, der sich im Kopf und in der Wohnung ausbreitete. Dies muss noch gemacht werden, das muss noch gemacht werden. Ich bin ein Mensch, der da kaum Ruhe gibt, bis alles so ist, wie ich es mir in etwa vorstelle. Insofern ein chaotischer Start mit gemischten Gefühlen.
Die überschwängliche Freude über den Aus- bzw. Einzug blieb also erst mal aus. Zu viel gab und gibt es noch zu tun. Ich rannte von Raum zu Raum und versuchte in das ganze Tohuwabohu wenigstens einen Hauch von Ordnung reinzubringen. An sich hat es auch funktioniert, nach und nach. Und dann, als man irgendwann endlich im Bett lag, fing ich erst an, das alles so langsam zu realisieren und zu verarbeiten. Und ja, ich war allein. Einerseits endlich, andererseits leider. Umstellungen von jahrelangen Gewohnheiten sind nicht von heute auf morgen wegzustecken. Aber es funktioniert; langsam.

In den darauf folgenden Tagen habe ich einen Umzugskarton nach dem anderen entleert und meinen ganzen Kram schon mal dahin gestellt, wo er in etwa auch stehen sollte. Für‘s erste bin ich also eingerichtet und versorgt, wobei ich sicher noch einige Wochen damit beschäftigt sein werde, alles meinen Vorstellungen anzuapssen. Hier und da fehlen noch Bilder oder Möbel, in den ein oder anderen Ecken findet man noch die Überreste vom Chaos. Die Hauptsache ist aber, dass ich erst mal angekommen bin und (so gut wie) alles funktioniert.
Während das Internet seit dem Anschlusstag tadellos funktionierte, wollte das Festnetztelefon nicht so richtig mitmachen. Mittlerweile ist das Problem mit einem neuen Splitter aber gelöst, Gott sei Dank. Da mein Fernseher keinen integrierten DVB-T-Receiver hat, musste auch der erst mal besorgt und eingerichtet werden. Zwar funktioniert auch da jetzt alles, aber wahrscheinlich werde ich eine größere Antenne brauchen, um (wetterbedingte) Störungen auszuschalten.

Schon in der ersten Woche habe ich das gemerkt, was mir schon weitaus vorher bewusst war: ein eigenes Leben bringt nicht nur positiven Dinge mit sich. Wie alles, hat auch der eigene Haushalt seine »negativen« Seiten, wie putzen oder einkaufen (etc.). Aber ich muss generell für diese Wohnung einige Kompromisse eingehen, die aber durch die Macht der Gewohnheit zu verschmerzen sind.
Wenn ich beiläufig den vierten Stock und das Fehlen eines Aufzugs erwähne, schnaufen mich meine Gesprächspartner meistens geschockt an. Vierter Stock, ohne Aufzug. Wow! Was ist daran wow? Ja, eine Wohnung im Erdgeschoss oder im ersten Stock wäre bei weitem nicht so anstrengend gewesen, ist schon klar. Aber ich bin jung und fit und scheue mich auch nicht vor etwas Bewegung (wenn ich sowieso schon den ganzen Tag, arbeitsbedingt, nur sitze). Außerdem hat eine Wohnung in einer gewissen Höhe seine Vorzüge. Niemand kann einem wirklich in die Bude glotzen. Und die ländliche Weitsicht ist auch nicht zu verachten.
Nerviger ist da eher die Luftzirkulation. Nach einer gewissen Zeit mit geschlossenen Fenstern ist es recht, in einem Wort, stickig. Wärme staut sich auf und so läuft man nach dem feierabendlichen Betreten der Wohnung erst mal gegen eine Wand, bestehend aus stehender Luft. Lüften ist angesagt, was durch die gegenüber liegenden Räume sehr gut funktioniert. Nachts muss ich allerdings ebenfalls mit offenem bzw. gekipptem Fenster schlafen, da es sonst unangenehm wird. Im Winter ist das sicher sehr angenehm, denn man spart sich so die Heizkosten. Wie es allerdings im Sommer sein wird… Da bin ich gespannt. Was ich jetzt schon weiß, ist, dass die (Mittags)Sonne ins Wohnzimmer knallt, ehe sie gegen 16 oder 17 Uhr hinter der nächsten Häuserecke verschwindet. Positiv ist dagegen, dass das Schlafzimmer (und auch der Stellplatz des Autos) immer auf der Schattenseite liegt. Mal sehen.
Woran ich mich ebenfalls gewöhnen muss, sind knarrende Wände und Decken. Fragt mich nicht woher das kommt. Vielleicht ebenfalls durch Luftzirkulation, Raumtemperatur oder den Mietern über/ unter mir. War es in der ersten Nacht noch ungewohnt, nehme ich es mittlerweile gar nicht mehr wahr.

All diese Kompromisse nehme ich wohlwollend in Kauf, nur um meinen gerechten Preis dafür genießen zu können: Freiheit! Absolute Freiheit.
Ich komme nach Hause wann ich will, gehe wann ich will. Ich muss niemandem Rechenschaft schuldig sein, auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen. Ich bleibe so lange auf wie ich will und kann demnach so lange schlafen wie ich will. Es kommt nur das auf den Tisch, was ich essen möchte und was ich selbst gekauft/ aufgewärmt/ zubereitet habe. Und vor allem habe ich meine Ruhe!
Ich bin mein eigener Herr, das verstehe ich – in diesem Zusammenhang – unter Freiheit. Und allein dafür lohnt es sich, die negativen Seiten des eigenen Haushalts in Kauf zu nehmen.
Mit der größte Gewinn ist wohl auch die gewonnene Zeit. Durch die Nähe zum Arbeitsplatz, habe ich jetzt ca. zwei Stunden vom Tag gewonnen, die ich sonst in der Bahn verbracht hätte. Genug Zeit, die ich besser nutzen kann. So habe ich mehr vom Tag und letztlich auch mehr vom Leben.

Jetzt, eine Woche danach, kann ich es auch so langsam genießen, mein eigenständiges Leben. Es ist ein neues Lebensgefühl und ein neuer Abschnitt, den ich in vollen Zügen genießen will und werde. Die erste eigene Wohnung.



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