Hakahori

Daily Life

Hiob und das Glück

Lasst mich einen Moment in meinen überlasteten Hirnwindungen wühlen und einen passenden Anfang finden. Worüber soll ich zuerst berichten, über meine körperlichen Gebrechen oder das anstehende berufliche Fiasko? Ich fange mit dem geringeren Übel an.

Letzte Woche holte ich mir eine zweite, wie ich jetzt rückblickend weiß auch eine fundiertere Meinung bezüglich meinen Mandeln ein. Ein indisch angehauchter Arzt, der von einem Zimmer ins nächste Sprang und deswegen für mich den personifizierten Ausdruck von Stress darstellte, hörte kurz zu, sah sich die Mandeln an und sagte mir letztlich genau das, was ich schon mal gehört habe: »Kommen Sie wieder, wenn die Mandeln entzündet sind.«
Immerhin versicherte er mir anschließend, dass er mir DANN eine Überweisung ins Krankenhaus schreiben würde, denn ein sechster Fall von vereiterten Mandeln innerhalb kürzester Zeit sei außerhalb der Norm (gut, eigentlich sprach er von sieben Fällen in einem Jahr, aber auf den einen kommt es jetzt auch nicht an). Dann müssten sie raus. Also geht das Warten weiter. Und wie ich meinen eigenwilligen Körper kenne, wird es dieses Jahr keinen Vorfall mehr geben. Wartet‘s ab.

Übrigens kam ich mir in der Gegend, in Frechen war‘s, ziemlich verlassen und trostlos vor. Die Umgebung war scheintot. Ich kann es schwer beschreiben, aber die Ecke erinnerte mich stark an Bergheim, Kerpen oder Köln-Porz. Auch da gibt es Gegenden, die fast schon traurig verlassen und unbelebt wirken. Auf weiter Flur keine Menschenseele, verlassene Geschäfte und verkommene Häuserfassaden. Schnuckelisch… In diesem Moment war ich froh, dass ich in Brauweiler immerhin eine wirklich nette Gegend zum Leben gefunden habe – noch.

Und ich sage bewusst »noch«, weil der Traum schnell aus sein kann, wie ich am vergangenen Freitag lernen musste. Der Traum vom eigenständigen, sorglosen Leben, mit einem geringen aber stetigen Einkommen. Der überraschende Verlust eines großen Kunden hat einen unüberschaubar großen Umsatzeinbruch zur Folge. Das klaffende Finanzloch muss geflickt werden; und wo spart der erfahrene Geschäftsmann als aller erstes? Genau, am Personal!
Es ist eine Krise, die alle Kollegen überrascht hat. Bereits vier wurden gegangen, wie man so schön sagt, und weitere werden folgen. Wie viele, kann man noch nicht sagen – das klärt sich wohl im Laufe der kommenden Woche. Ob ich darunter sein werde? Genau um diese Frage drehen sich momentan all meine Gedanken. Ich bin auch im Topf derer, die selektiert werden können. Man hat mir und einigen anderen schon in einem Nebensatz empfohlen, die Stellenanzeigen zu studieren und sich ggf. zu bewerben. Sicher sei sicher.
Wie derzeit die Stimmung auf der Arbeit ist, kann sich ja sicher jeder vorstellen (…).
In solchen Momenten denke ich oft an Leute, die, egal was passiert, ständig auf den Füßen landen. Ein gutes Beispiel ist der Ex-Azubi. Er hatte nichts in der Birne, seinen Abschluss versemmelt, sich nicht angestrengt und ihm ging quasi alles am Allerwertesten vorbei. Und jetzt arbeitet er bei einem größeren Unternehmen und verdient, da bin ich mir ziemlich sicher, mehr als ich oder meine Kollegen. Beziehungen muss man haben. Über Fairness muss ich hier ja jetzt nicht anfangen zu diskutieren. Das Leben ist alles, nur nicht fair.

Ja, es hätte so schön sein können. Ein eigenständiges Leben in der eigenen Wohnung. Wenn auch mein Kopf rollen sollte, muss ich wohl oder übel wieder zu meinen Eltern ziehen. Ein Desaster! Nicht, dass es bei meinen Eltern schlimm wäre, aber all die Umzugsarbeiten wieder. Und dann wieder das melden beim Arbeitsamt… an die arbeitslose Zeit will ich noch gar nicht denken. Der Horror wird sich im Fall der Fälle wiederholen. Schlimmer könnte es mich gar nicht treffen.
Aber nun gut, noch ist ja nichts sicher. Solange ich es nicht Schwarz auf Weiß habe, versuche ich meine Gedanken davon abzulenken. Und letztlich sitze ich nicht am längeren Hebel. Ich kann rein gar nichts machen als abzuwarten was passieren wird, kann eine Entscheidung nicht beeinflussen. Und genau das ist es, was einen zermürbt und fertig macht, das elendige Warten. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, habe ich ein mal in meinem Leben Glück und dieser bittere Kelch geht noch mal an mir vorbei. Aber selbst wenn, ich werde dennoch im Hintergrund weiter nach einer (besseren) Stelle Ausschau halten (müssen). Sicher ist sicher.



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