Hakahori

Daily Life

Gaaaaaa!

Die Arbeit ist im Moment wirklich unerträglich – macht euch also schon mal auf einen quengelnden Blog gefasst! Natürlich sollte ich auf der einen Seite froh sein, einen Job zu haben. Geld kommt rein, das Umfeld und der allgemeine Umgang ist locker-flockig und ich habe es auch nicht weit. Aber was bringt mir all das, wenn mir die Arbeit einerseits so unbefriedigt ins Gesicht grinst wie ein dralles Playboy-Häschen von Hugh Hefner und andererseits so dermaßen an meinen Nerven zerrt, dass ich am liebsten grün anschwellen und jeden einzelnen Kollegen den Kopf abreißen (oder beißen) würde?
Die größte Anstrengung dieser Tage, ist für mich, nicht zum Hulk zu mutieren. Nachher könnte ich in einem Wutausbruch noch irgendwas sagen, was ich ehrlich meine! Undenkbar.

Der ärgste Feind meiner Nerven – und ja, jetzt fängt die Lästerei erst richtig an – ist mein direkter Arbeitskollege. Ein pummeliger, vom Leben gebeutelter Besserwisser mit Schnappatmung und Buddha-Umfang. Zugegeben, er hatte es im Leben wirklich nicht leicht und ist rein körperlich ziemlich am Arsch. Vielleicht macht es dieser Umstand so schwer, sein Alter richtig einzuschätzen. 60 müsste er schon sein, aber woher soll ich das schon wissen? Ich war im Schätzen von Lebensjahren schon immer schlecht; bei Frauen versuche ich es erst gar nicht mehr, die sind ja immer gleich eingeschnappt, wenn man um zehn oder 20 Jahre daneben liebt. Seine Verfassung und seine gebrechliche Vergangenheit geben meinem Kollegen, mit dem ich nun mal das Zimmer teilen muss, jedenfalls nicht das Recht, meine Nerven derart zu belasten, dass ich ihn am Liebsten aus dem Fenster schleudern würde.
Dabei muss er gar nichts mehr sagen, um mich auf die Palme zu bringen. Seine Gesten und mit den Jahren eingespielten Gepflogenheiten reichen schon völlig aus. Das erste, was er macht, wenn er ins Büro kommt, ist, seinen überproportional großen Arbeitstisch mit all seinen Utensilien zu bestücken, die er »braucht«. Die Größe seines Tisches steht schon mal im krassen Gegensatz zu seiner Arbeitskraft bzw. -leistung. Bevor er auf der Arbeit antanzt und seinen festlichen Akt der Bestückung seines Arbeitsplatzes vollzieht, habe ich schon mehr getan als er in den kommenden drei bis vier Stunden tun wird. Schütten, Ordner, Zettel, Stifte, eine Kaffeekanne samt dazugehöriger Tasse… Alles wird tunlichst aus dem Schrank gekramt und auf seinen festen Platz gestellt. Jeden Morgen. Und… guess what… Jeden Abend kann ich mir das Schauspiel noch mal in umgekehrter Reihenfolge ansehen. Und alles nur, weil die Putzfrauen nach Feierabend ja etwas stehlen könnten. Im Ernst! Das ist der eigentliche Grund für diese Prozedur. Es könnte ja etwas weg kommen.
Manchmal fühle ich mich in einem ironischen Loriot-Sketch gefangen. Einem all zu realen.
Wurde sein Arbeitsplatz erst mal eingerichtet, wird der PC gestartet und kontrolliert, ob er auch wirklich anspringt. Ganz außer Atem und wild schnaubend, schlurft er dann erst mal ein Stockwerk höher. 15 bis 20 Minuten habe ich jetzt Ruhe, ehe er wieder ins Zimmer getrabt kommt. In der Hand: ein Untersetzer und darauf zwei bis drei Plätzchen. Muss ein langer, beschwerlicher Weg sein, wenn man für zwei bis drei Plätzchen so lange braucht. Dabei benutzt er schon den Aufzug – für ein einziges Stockwerk. Es wird Platz genommen und die Arbeit beginnt…
Um Punkt 8:45 Uhr schmeißt er dann seine Kaffeemaschine an. Pünktlich um 10:00 Uhr folgt eine Tasse Tee. Und hat er dann mal keine Lust auf Arbeit, surft er im Netz. Zugegeben, das mache ich auch, aber ich arbeite wenigstens nebenher noch zügig und schaffe das, was ich schaffen soll. Manch anderer kriegt das nun mal nicht hin. Und es ist nicht schwer zu merken, wann jemand in die Tasten tippt und wann jemand still durchs Netz surft. Gibt es aber da nichts interessantes zu Lesen (Bild.de usw…), erhebt er sich, geht etwas im Raum herum, stellt sich breitbeinig ans Fenster (wo ich übrigens sitze), stöhnt und lässt für einige Minuten seinen Blick schweifen. Dann wieder ein Blick auf die Uhr, als wolle er sich vergewissern, dass er in der Zeit liegt, und ab geht‘s für die nächste viertel Stunde auf‘s stille Örtchen.

Schlimmer, viel schlimmer, sind da die täglichen Floskeln, die ihm täglich über die Lippen kommen.
»Na, wie stehen die Aktien heute?« gefolgt von einem willkürlichen »Du hast es schon gut« (mehrmals täglich, einfach so) bis hin zum Ersten, was er morgens von sich gibt: »Ich habe keine Lust.«
»DANN GEH DOCH NACH HAUSE!!!!« würde ich ihm am Liebsten ins aufgequollene Gesicht brüllen. Aber nun gut… So bin ich ja dann doch nicht und brülle in mich hinein, dass es nur so hallt.
Es bleibt übrigens nicht nur bei sinnfreien Sprüchen, nein, der Herr versteht es auch Lieder zu summen oder falsch zu »singen«. Nervig hoch zehn! Unterbrochen werden diese Songeinlagen nur noch vom ständigen Rülpsen bzw. Aufstoßen, wo er laut eigener Angabe nicht weiß, woher das käme oder wie man so etwas wieder wegbekäme. Vielleicht weniger essen?
Versteht mich nicht falsch, mein Kollege ist an sich ein umgänglicher Kerl, mit dem man auch das ein oder andere Gespräch führen kann, aber seine Eigenheiten gehen mir mittlerweile gegen den Strich. Ich habe nun mal das Pech, dass ich ihn jeden Tag neun bis zehn Stunden vor der Nase sitzen habe. Wäre das nicht der Fall, wäre ich sicher besser auf ihn zu sprechen. Und selbst in den Gesprächen ist es mittlerweile so, dass ich diese nur beipflichtend führe, ohne ihn darauf hinzuweisen, dass er den ein oder anderen Fakt übersieht oder einfach keine Ahnung hat, wovon er da gerade redet. Mir ist über die Jahre die Kraft verloren gegangen gegen Besserwisser vorzugehen. Da ist es viel einfacher und entspannter zu nicken, zuzustimmen und es auf sich beruhen zu lassen.

Vielleicht liegen die Nerven aber auch wegen der allgemein unangenehmen Situation auf der Arbeit so blank. Ungewissheit darüber zu haben, wie die eigene (vor allem finanzielle) Zukunft aussieht, ist kein schönes Gefühl. Man sitzt auf einer Planke und wartet auf den Moment, in dem es durchgesägt wurde, das Holz nachgibt und man ins kalte Wasser fällt. Dass das Ende kommt ist klar, die Frage ist aber immer noch: wann.
So steigt nicht nur der Druck und das Aggressionslevel, sondern sinkt auch die Motivation. Nicht nur bei mir, sondern bei allen. Kollegen surfen offener und nicht mehr verdeckt im Internet, bestellen sich Klamotten oder daddeln irgendwelche Online-Games. Immer öfter hört man den Chat-Sound von Facebook. Private Telefonate werden ausgedehnt. Das Online-Radio wird aufgedreht und ich kann mir jede verdammte Stunde immer die gleichen verdammten »Hits« der heutigen Zeit anhören. Die pure Unlust.
Irgendwo ist es aber auch gut so, denn die Unzufriedenheit und der aufsteigende Frust erleichtern die Suche nach einer neuen Stelle. Und die läuft, weiterhin. Meine direkten Kollegen sehen da noch keinen dringenden Handlungsbedarf. Während ich mein Bestes versuche und jede Woche zwei bis drei Bewerbungen rausschicke, haben andere damit noch nicht mal angefangen. Mir kommt es fast so vor, als haben sie bereits vergessen, dass ihr Job (spürbar) auf der Kippe steht. Urlaub wird für den Herbst genommen, ohne dass sie zu diesem Zeitpunkt wissen können, ob sie dann überhaupt noch angestellt sind. Entweder ist das eine selbstbewusste Einstellung zu dem Ganzen oder einfach nur naiv – was mich übrigens wieder aufregt, of course.

Ich sehe mich schon selbst in der Zukunft irgendwo auf irgendeiner Arbeitsstelle sitzen und von der »guten alten Zeit« sinnieren. Mit dem pummeligen, nervigen Kollegen, der mich Tag für Tag auf die Palme gebracht hat und seinen naiven Pendants; immer einen Schritt von einem Amoklauf entfernt.



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