Hakahori

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Man of Steel

Superhelden-Filme sind immer so eine Sache. In den letzten Jahren – vor allem Dank Christopher Nolans Batman-Trilogie – schwer in Mode gekommen, beweisen Reboots wie »The Amazing Spider-Man«, dass mit ein bisschen düsterer Atmo viel aus der Entstehungsgeschichte des ein oder anderen Helden gemacht werden kann. Vor allem bei einem Superhelden, der das »Super« schon im Namen trägt, erwartet man von einem Reboot viel. Und dann kam »Superman Returns«

Zack Snyder hat sich mit Nolan zusammengesetzt, eine neue Geschichte rund um den schier unbesiegbaren Kryptonier geschrieben und auf die Leinwand gebracht. Aber, geht das überhaupt, einen interessanten, halbwegs realistischen Film über einen Außerirdischen mit Superkräften? Was einen Superhelden ausmacht, sind seine Schwächen. Erst dadurch fühlen sich die Zuschauer angesprochen und können sich hier und da in den Charakter hineinversetzen. Bei Batman war das leicht, er hatte, abgesehen von seinem unermesslichen Vermögen aufm Konto, keine Superkräfte. Aber wie gestaltet man einen Film halbwegs interessant, der einen (fast) unzerstörbaren Superhelden zeigt? Über jemanden, dessen Herkunftsgeschichte eigentlich, ob Nerd oder nicht, mittlerweile jeder im Schlaf erzählen kann.
Ich hatte keine Zeit mich weiter mit dieser Frage zu beschäftigen, wurde ich doch von einer Anzeige auf der Leinwand freundlich aufgefordert, die 3D-Brille aufzusetzen. Besser is das. Die Klärung dieser Fragen würde sich in den nächsten Stunden ergeben, in 3D. Und es wurde dabei nicht nur interessant, sondern auch bombastisch. Ein anderes Wort finde ich für das Spektakel in und um Metropolis nicht.

Natürlich fing der Film, wie erwartet, auf Krypton an. Die ersten zehn bis 15 Minuten spielen auf diesen zum Tode verurteilten Planeten und zeigen ihn so, wie man ihn zuvor noch nicht gesehen hat. Ich bin an dieser Stelle schon versucht näher auf die Story einzugehen, lasse es aber lieber. Ist ja hier keine Nacherzählung des Films, sondern meine bescheidene Meinung dazu. Kürzt man die Story runter, ist Supermans Geschichte größtenteils unverändert. Unterhaltsam sind eher die interessanten Details.
Nach den ersten paar Minuten war ich also schon drin, in der Geschichte, und schon gibt es den ersten Zeitsprung. Man beginnt mit einem bärtigen John Doe, der von Arbeitsstelle zu Arbeitsstelle quer durch Amerika wandert. Zwischendurch erlebt dieser Mann, der natürlich Kal-El aka Clark Kent ist, immer wieder Flashbacks zurück in seine Kindheit. Eine wirklich gelungene Erzählweise, denn ich hatte schon befürchtet, dass die Geschichte zu linear erzählt wird. Glücklicherweise ist dem nicht so. Man startet im hier und jetzt und ab und zu wird man in Kents Vergangenheit zurückversetzt, zu Ereignissen, die seinen Charakter formen werden. Wie er seine Kräfte entdeckt hat, wie er gelernt hat sie zu kontrollieren – und dass er sich beherrschen muss, um sich nicht zu verraten. Die Frage, wie weit man gehen muss, um sein Geheimnis zu bewahren, findet seinen Höhepunkt im Tod seines (Adoptiv)Vaters, was ich extrem gut umgesetzt fand.
Generell dreht sich der Film lange um die Frage, ob Kal-El mit seinen Fähigkeiten an die Öffentlichkeit gehen soll oder nicht. Sind die Menschen bereit für die Wahrheit, dass ein Alien unter ihnen lebt? Oder verhalten sie sich wie immer, mit Misstrauen, Verachtung, Ausgrenzung oder gar Gewalt? Spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem der Bösewicht die Bildfläche betritt, wird diese Frage hinfällig.

Commander Zod schafft es mit einer Handvoll Handlangern aus der Phantomzone zu entkommen und will mit Hilfe von Kal-El sein Volk wiederbeleben. Die Erde soll dabei als »Mutterboden« des neuen Kryptons dienen. Superman, mittlerweile in seinem neuen und alten Gewand, kann das natürlich nicht zulassen – und der Kampf beginnt. Wobei, nein. Plural. Die Kämpfe beginnen.
Zugegeben, rein vom Plot muss man hier nicht viel erwarten. Große Überraschungen oder ausgefallene Ideen bleiben aus. Das ist aber gar nicht so schlimm. Dieser Film wird von den Schauspielern getragen und vor allem von der, wie bereits erwähnten, bombastischen Action. Die Bilder, die einem entgegenfliegen sind umwerfend und laden zum entspannten Zurücklehnen ein. Einfach angucken und genießen. Zusehen, wie sich fast unsterbliche Aliens gegenseitig platt machen und immer wieder aufstehen. Wolkenkratzer kollabieren, Züge fliegen durch die Luft, überall Explosionen. Herrlich! So muss ein Superman-Streifen sein!
Natürlich bleiben bei aller Bildgewalt zwei Dinge auf der Strecke: der Humor und die Romantik. Zwischen Lois Lane und Clark Kent bzw. Superman entwickelt sich ziemlich schnell etwas, was man eine Romanze nennen könnte – eher so nebenbei. Und wenn man in einem Snyder/ Nolan-Film Selbstironie á la Marvel-Verfilmungen sucht, guckt man sich den falschen Film an. Humor gibt es hier und da, klar, aber es driftet nicht ins Alberne ab. Alles ist schön düster und bitter-ernst.
Apropos düster. Ich bin gespannt, ob jemand nach Erscheinen der Blu-Ray auf die Idee kommt, ein Bodycount-Video zu erstellen. Ich habe noch keinen Superhelden-Film gesehen, in dem so viele Menschen (wahrscheinlich) hopsgehen. Viele haben das als Kritikpunkt gesehen und erwarten, dass Superman alle und jeden rettet… Wenn aber eine ganze Metropole stellenweise plattgemacht wird und er es gleichzeitig gegen mehrere ebenbürtige Gegner aufnehmen soll – wie soll er das bitte bewerkstelligen?!

Bringt man den Film auf einen Nenner, geht es hier um die Moral. Kal-El steht vor einer Entscheidung. Eigentlich vor mehreren. Angefangen mit der Frage, ob er sich als superstarker Alien »outen« soll oder nicht, bis hin zu der Frage, ob er ein ganzes Volk opfert, um seines wieder zum Leben zu erwecken. Welchen Weg schlägt man ein, wenn man ein »Gott« ist? Traut man den Menschen oder traut man jemanden seines Volkes? Wen muss man beschützen und wen muss man bekämpfen?
Eine wenig überraschende Entscheidung wird getroffen, der lange Endkampf folgt. Mit »lang« meine ich hier übrigens nicht »zu lang«. Er war für mich auf den Punkt genau – nicht zu lang und nicht zu kurz. Mit den vielen Hin und Hers. Und am Ende bricht der Mann aus Stahl vielleicht eine Regel, die sich meines Wissens nach bisher nur Batman verschrieben hatte. Fällt aber nicht ins Gewicht, da Superman und nicht Batman.

Snyder hat mit »Man of Steel« einen soliden Reboot hinbekommen, der über »Superman Returns« hinwegsehen lässt. DAS ist der richtige Weg, mit einem überzeugenden Superhelden. Auf diesem neu gegossenen, filmischen Fundament können weitere Teile folgen – bis hin zur Justice League. Ich habe mich die ganze Zeit über perfekt unterhalten gefühlt, fand die Effekte herausragend, ebenso wie alle Schauspieler; allen voran Russel Crowe, der als Jor-El nicht nur eine überraschend gute Figur macht, sondern dem auch erfreulicherweise deutlich mehr Zelluloid-Zeit geschenkt wird. Hans Zimmer sorgt für die passende Hintergrundmusik, wobei diese bei weitem nicht an sein The Dark Knight-Werk heranreicht.
Wenn die Macher es jetzt noch hinkriegen Clark Kents »Tarnung« realistisch zu verkaufen, bin ich vollends von diesem neuen Superman überzeugt. Ich meine… Brille und Anzug täuschen heutzutage niemanden mehr. Mal abwarten, ob und was man sich da noch einfallen lassen wird.



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