Hakahori

Rotstift

»The Dark Knight Rises«

Filme sind rückblickend manchmal verbesserungswürdig. Manchmal so sehr, dass man dem Drehbuchautor oder dem Regisseur gerne einen Rotstift in die Hand drückt und Verbesserungen vornehmen lässt. »The Dark Knight Rises«, der letzte Teil der Nolan-Batman-Trilogie, ist dafür ein gutes Beispiel.

Obacht: Wer den Film noch nicht gesehen haben sollte und dies noch unvoreingenommen vorhat, sollte diesen Blog meiden. SPOILERS AHEAD!

Hm, wo würde ich als erstes den Rotstift ansetzen…

#Ich sehe was, was Du nicht siehst
Als allererstes würde ich den Charakter John Blake (Joseph Gordon-Levitt) rot unterstreichen. Rot und dick. Gefühlt tauchte der Frischling-Cop in jeder zweiten Szene auf. Das allein ist ja noch nicht tragisch. Der eigentliche Faux-Pas passiert in seiner ersten Szene mit Bruce Wayne.

Bei seinem Besuch im Wayne Manor erzählt er Wayne, er wisse, dass er Batman sei. Sein Blick habe ihn verraten, den angeblich nur Waisen wie eine Maske aufsetzen (…). Ja ne, ist klar. Ein Cop ohne irgendwelche Erfahrung enttarnt Batman – auf den ersten Blick. Wer saß da nicht augenrollend und seufzend im Kinosaal und hat sich gefragt, wie man so etwas nur als Erklärung hat durchgehen lassen?

Die simplere und gleichzeitig sinnvollere Lösung wäre gewesen, wenn Blake schlicht und ergreifend die Ermittlung im Fall Batman aufgenommen hätte, auf eigene Faust. Er hätte alle möglichen Personen befragen können, die jemals mit dem Dunklen Ritter in Kontakt waren.

Wir erinnern uns, dass der Joker im Verlauf von »The Dark Knight« eine Party von Bruce Wayne sprengte, um an Harvey Dent zu gelangen. Und wer tauchte dort schließlich auf? Richtig, der Läderlappen. Also ein perfekter Grund für Blake, Wayne zu befragen (vor allem, da alle anderen in Frage kommenden Akteure entweder tot oder verschwunden sind). Gleichzeitig hätte er von Bane als Bedrohung sprechen und sich Batman zurückwünschen können. Pippieinfach und mindestens 10x glaubhafter als die »ich sehe es dir an«-Story.

#Robin
Um bei Blake zu bleiben: Sein voller Name ist ein No-Go. In einer der letzten Szenen des Films erfährt der Zuschauer, dass er mit vollem Namen Robin John Blake heißt. Eine Tippse unterstreicht den offensichtlichen Wink an die Fans dann noch mit der Bemerkung, dass ihr der Name sehr gefalle.

Was von Nolan als Fanservice gedacht war, führt aber leider noch heute zu unnötigen Verwirrungen. Sprüche wie »Oh, klar. Aus ihm wird jetzt also Robin…« habe ich zuhauf gehört und kam aus dem Facepalmen nicht mehr raus.

In der gesamten Trilogie geht es darum, dass Batman jeder sein kann. Batman ist nur ein Symbol, eine Maske und ein Cape. Wer das noch nicht begriffen hatte, musste sich nur die letzten Szenen des Films ansehen, wo das noch mal deutlich – ja, fast schon wortwörtlich – ausgesprochen wird. John Blake übernimmt die Rolle von Batman und wird nicht zu Robin, Nightwing oder sonstwas. Duh!

#Obsolete Pussy?
Nett anzusehen ist sie ja, Selina Kyle (Anne Hathaway). Dennoch frage ich mich rückblickend, ob diese nachtaktive Spandexdiebin für den Verlauf und Ausgang der Story eine große Relevanz hatte.

Klar, am Ende bringt sie – und nicht Batman – Bane zur Strecke. Sie ist es überhaupt, die ihn zum maskierten Muskelmumbler bringt (und letztlich dafür sorgt, dass er, Batman, kurzfristig zum Krüppel geprügelt wird). Und Kyle ist es auch, die Bruce Wayne von seiner Last befreit und mit ihr ein neues Leben anfängt. Dennoch sind das alles Punkte, die man hätte leicht auf eine andere Person oder generell umschreiben können.

Für den Filmverlauf ist sie somit leicht zu ersetzen und unterm Strich wohl eher ein weiterer Fanservice von Nolan. Auch wenn der Name nicht ein einziges mal fällt, hat er somit Catwoman in seine Trilogie mit eingebaut. Gibt Schlimmeres.

#If I pull that off, will you die?
Über Bane, den vermeintlichen Haupt-Bösewicht des Films, erfährt man in »seinem« Film recht wenig. Wir erfahren etwas über seine Zeit im Pit, ja, aber wie er z.B. an seine Maske kam und wie diese genau funktioniert, wird weder gezeigt noch erklärt. Dabei hatte Nolan diese Origins-Szenen gedreht, dann aber wieder rausgeschnitten. Warum auch immer…

Eine ordentliche Origins-Story in Erzähl- und Flashback-Form hätten dem Charakter Bane in Sachen Tiefe gut getan. Zum Beispiel in seiner letzten Szene mit Batman, in der er geschwächt vor ihm liegt und Talia hinzustößt. Chance verpasst.

Apropos Bane. So gut der erste, epische Kampf zwischen Bane und Batman auch war (jedenfalls in Nolans Rahmen was das Einfangen von Faustkämpfen angeht), hätte ich mir den finalen Backbreaker etwas imposanter vorgestellt. Gut inszeniert ist er, ja, aber hier wirkt es so, als hätte man diese Szene nur einmal gedreht und diese dann auch direkt im Film verwendet. Ein mehr gebogenes Rückgrat, wie es in dem Comic dargestellt wurde, wäre traumhaft gewesen.

#Weniger ist mehr
Das Ende von TDKR war passend und hat der Trilogie in der Tat etwas Rundes verpasst. Alle losen Fäden kamen logisch zusammen und alles schien perfekt. An und für sich habe ich nur eine kleine Großigkeit oder eher eine große Kleinigkeit zu beanstanden: Alfred.

Michael Caine ist einer der renommiertesten, besten und erfahrensten Schauspieler unserer Zeit. Warum in alles in der Welt hat Nolan ihn in seiner letzten Szene nicht einfach seinen Job machen lassen?

Alfred (Michael Caine) nimmt in seinem Lieblings-Café platz, in welchem er jedes Jahr zur selben Zeit residiert. Dem Zuschauer geht ein Licht auf, da er im Verlauf des Films diese (Wunsch)Szene eben so erwähnt hatte. Dreh- und Angelpunkt dieser Szene ist, dass Alfred Bruce Wayne sieht, quicklebendig und mit Selina Kyle flirtend.

Eben diese Erleichterung, Freude und auch Überraschung konnte man ohne Probleme aus dem Gesicht von Caine ablesen. Wieso musste Nolan im Anschluss dessen noch Wayne und Kyle zeigen? Nolan ist eigentlich ein Fan von offenen Enden und Geheimnissen – wieso nicht hier? Es hätte einfach besser gepasst, meiner Meinung nach. Denn so wäre offen geblieben, ob er Wayne tatsächlich gesehen hat oder nicht, ob er noch unter den Lebenden weilt oder nicht.

#Miss Obvious
Miranda Tate. Den Namen musste ich googlen, denn er fiel mir nicht mehr ein. Für mich war der Charakter im Film von vornherein klar als Talia al Ghul (Marion Cotillard) ersichtlich. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich damit nicht so ganz alleine dastehe. Einen Twist oder Überraschungseffekt gab es demnach für mich nicht.

Auch Laien mögen schnell erkannt haben, dass mit dieser plötzlich auftretenden, unbekannten Dame etwas nicht stimmte. Irgendetwas lag in der Luft und so nett wie sie tut, schien sie nicht wirklich zu sein. Viel schlimmer ist es dabei eigentlich, dass Bruce Wayne das nicht hat kommen sehen. Ich meine, Batman wird gemein hin als »World’s Greatest Detective« tituliert – und dann ist er nicht mal misstrauisch bei einer ihm völlig unbekannten und zugleich zwielichtigen Dame? Na ja, er hatte laut Story ja mindestens acht Jahre kein Techtelmechtel mehr, insofern sei es ihm verziehen (…).

Talia ist mit eine der bekanntesten Figuren im Batman-Universum und wurde in TDKR leider etwas zu schnell und lieblos abgefrühstückt. Der negative Höhepunkt war ihr Ende. Selten habe ich ein derart schlechtes Schauspiel eines eintretenden Todes gesehen. Die Szene erinnert mich immer wieder an Hunde, die auf Kommando »tot« umfallen sollen.

Auch hier muss ich wieder ein klares, rotes, dickes »Warum?!« ins Script kritzeln. Warum hat Nolan die Szene nicht noch mal und noch mal und noch mal nachgedreht, bis ihr Tod etwas glaubhafter aussieht? Oder wollte man es extra so theatralisch darstellen, um dem Zuschauer zu suggerieren, dass sie ihr Ableben nur inszeniert hat? Quasi aus al Ghul-Tradition. Wohl kaum. Eins hat Talia mit ihrer letzten Szene auf jedenfall um die Ecke gebracht: ihre Glaubwürdigkeit.

#Love is all you need
Insgesamt muss man zugeben, dass TDKR hier und da etwas lieblos wirkt. Es ist gewiss kein schlechter Film und erst recht kein schlechter Abschluss der Trilogie, aber irgendwie merkt man, dass Christopher Nolan das Interesse an dem Franchise verloren hatte.

Es fängt ja schon beim Titel an, »The Dark Knight Rises«. Das wirkt wenig einfallsreich und innovativ. Wieso nichts passenderes und frisches, wie z.B. »Knightfall«? Womöglich hat die Marketing-Abteilung auf diesen Titel gedrängt, um jene Besucher mit ins Kino zu locken, die »The Dark Knight« so sehr mochten. Nur noch ein Titel wie »The Dark Knight 2« wäre schlimmer gewesen (…).

Gleiches gilt übrigens auch für das offizielle Poster: ein posierender Batman mit gesenktem Haupt vor einer orangenen (?) Apokalypse. Das Motiv des gezeigten Batman ist übrigens aus dem Photoshooting aus »The Dark Knight«. Selbst hier hat man sich also einer alten Kamelle bedient. Schade drum.

Nimmt man da noch die oben genannten (und nicht genannten) Schwächen des Drehbuchs und teils der Umsetzung hinzu, kommt dabei ein etwas schwacher Nolan-Film raus. Insofern kann ich mir nur vorstellen, dass Nolan keine Lust mehr auf einen Batman-Film hatte und die Sache so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. Möglich ist es ja. Der Hype war nach »The Dark Knight« ziemlich groß. Getoppt hätte der Streifen eh nicht werden können. Nur schade, dass er, Nolan, es scheinbar gar nicht erst ernsthaft versucht hatte.

Egal. Was bleibt, ist, wie erwähnt, ein guter Abschluss der Batman-Trilogie. Mit Schwächen, ja, aber welcher Film hat die nicht? Man kann den Streifen immer noch genießen – wohl am Besten direkt im Anschluss von »The Dark Knight«.

Packen wir den Rotstift also wieder ein.



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