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Hakahori

Der jecke Wahnsinn

Ich würde nicht behaupten, dass ich Karneval nicht mag oder sogar hasse. Ich bin rausgewachsen, das trifft es wohl eher.
Als Kind bin ich gerne zum Zug gegangen, zu den vielen Zügen in den kleinen Dörfern rundherum. Kamelle sammeln, so dass kaum noch etwas in den mitgenommenen Beutel passte. Den harten Schokotafeln ausweichen, die spätestens beim Prinzenwagen zu gefährlichen Geschossen werden konnten. Verkleidet am Straßenrand stehen, mit (Kindergarten- oder Schul)Freunden und einfach Spaß haben. Das war für mich Karneval. Und dann, ab einem bestimmten Alter, kommt der Alkohol ins Spiel.

Spätestens mit dem Teufelszeug bin ich ausgestiegen und bezeichne mich als Karnevals-Muffel. Für mich ist Karneval immer noch etwas, was vor allem für Kinder toll sein muss. Erwachsene oder eher unreifen Heranwachsende nutzen die Festivitäten zum maßlosen Saufen und Rummachen. Ein paar Tage lang lassen wir einfach mal Niveau, Disziplin und Würde eben jene sein und benehmen uns wie Höhlenmenschen. Oder schlimmer.
Mädels, egal wie jung oder alt sie auch sein mögen, kleistern sich eine dicke Schicht Schminke ins Gesicht, die sie fast schon wie androgyne Puppen aussehen lassen. Röcke müssen möglichst kurz und die Brust möglichst üppig präsentiert sein. Als ob sie es gerade darauf anlegen würden, angegrabscht, abgeschleppt und »genommen« zu werden – egal ob schon in festen Händen oder nicht. Kerle sind da ja nicht besser; haben es in der Kostümwahl aber leichter. Beliebt sind Ganzkörper-Kostüme, wie der Tiger-Look. Kreativ. Meist noch mit einer Pulle Wodka oder ähnlichem in der Hand, straucheln sie schon in Rudeln am Bahnhof herum, immer im Kampf mit der Balance zwischen Pöbel- und Kotzereien. In der S-Bahn ist so etwas natürlich immer schlimm, gerade in und um Köln.

Dieses Jahr konnte ich das erste Mal Karneval auch in der Firma feiern. Da diese in Köln ansässig und darüber hinaus noch jung und lässig eingestellt ist, wurde natürlich auch hier gut und kräftig gefeiert – was okay ist. Viele kamen verkleidet ins Büro, noch unalkoholisiert, hatten gute Laune. Ab 11 Uhr war dann an Arbeit nicht mehr zu denken. Es gab einen Kostümwettbewerb, Sekt, Kölsch, Krapfen und Berliner. Dazu dann noch die obligatorische Karnevals-Mucke. Alles super, bis hier hin.
Eine Stunde später zeigte dann der fließende Alkohol seine Wirkung und ich lernte meine neuen Kollegen erst so richtig kennen. Natürlich waren nicht alle dicht, aber einige, die sich einfach nicht mehr im Griff hatten und wohl vergessen hatten, wo sie gerade waren. An Arbeit war, wie gesagt, jetzt gar nicht mehr zu denken. Es wurde fröhlich weiter getrunken, gegrölt, rumgegrabscht, gekotzt und was weiß ich noch alles. Und mir fiel plötzlich wieder ein, warum ich dieses Fest nicht mag.

Ich mag keine besoffenen Menschen, egal ob es jetzt Kollegen sind oder nicht. Nur gerade auf der Arbeit sollte man dafür sorgen, dass man sich nicht komplett abschießt und eventuell Dinge tut oder sagt, die man später bereuen wird. Einige sind dazu in der Lage, andere eher weniger. Das hatte zur Folge, dass z.B. ein Kollege komplett fertig in seinem Stuhl hing und ein Nickerchen hielt, den Schreibtisch als sein Kopfkissen hergerichtet; es war 15 Uhr.
Neben der Frage, ob das alles so sein muss, schoss mir gleichzeitig die Frage in den Kopf, was ich hier eigentlich machte. Ich muss nicht erwähnen, dass ich nicht verkleidet war oder? Natürlich war ich auch kein Muffel und habe es allen schlecht gemacht, nee. Ich habe ein, zwei Gläschen Sekt mitgetrunken und mich anfangs noch nett unterhalten können. Aber mit Fortschreiten des Nachmittags, war das ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Der Spaß war vorbei und ich sehnte mir den »Feierabend« herbei.
Jetzt kann ich immerhin verstehen, warum sich einige Kollegen an diesem Tag Urlaub genommen haben. Nicht um selbst feiern zu gehen, sondern um diesem teils anstrengendem Treiben und eher traurigem Anblick zu entgehen.

Nicht falsch verstehen: Ich gönne jedem diese Festtage. Egal ob ihr es Karneval, Fasching oder sonst wie nennt. Feiert! Ich bin tolerant und gönne jedem seinen Spaß. Nur stellt meine Sicht der Dinge nicht in Frage und wagt es niemals mich als spießigen Spielverderber zu bezeichnen.
Oder anders: Akzeptiert einfach, dass jeder Jeck anders ist.

Und noch wichtiger: Speit nicht in meine Richtung, wenn ihr kotzen müsst.


03. März 2014 - Tags: ,