Hakahori

Hamburg

Mit dem Wörtchen »Urlaub« verbinde ich seit jeher die alljährlichen Sommerreisen aus meinen jüngeren Jahren, nach Spanien. Seit dem letzten Trip in den sonnigen Süden – immerhin Anfang 2000, wenn ich mich recht entsinne -, habe ich meine Urlaubstage stets in den eigenen vier Wänden verbracht. Gezwungenermaßen, denn zum einen fehlte mir das nötige Kleingeld, das sich in der Ausbildungs- und Arbeitslosenzeit einfach nicht ansammeln wollte, und des Weiteren fehlte mir eine »willige« Urlaubsbegleitung, denn allein wollte ich dann doch nicht eine Reise tun. Erst in diesem Jahr gelang schließlich der erste eigene Urlaub. Dabei ging es nicht an den Strand von Malle, sondern zu den Nutten auf die Reeperbahn… Hamburg wollte ich sowieso immer mal sehen und da ein sehr guter Freund von mir diese Leidenschaft mit mir teilte, entschlossen wir uns schon vor einiger Zeit für diese Reise. Das Hotel wurde ausgesucht, die Bahntickets organisiert. Ende Juni war es soweit: Fünf Tage Hamburg.

Eine stickige Wand von schwüler Luft begrüßte uns in der Hansestadt, als wir am späten Montagnachmittag am hiesigen Hauptbahnhof aufschlugen. Ein kleiner Kreislaufschock, verbrachten wir doch die vorigen drei Stunden in einem angenehm klimatisierten ICE. Nun tauschten wir unsere gemütlichen Fenster- schweren Herzens gegen menschenunwürdige Stehplätze an der S-Bahntüre ein. Scheinbar waren wir direkt in die Stoßzeit der Berufspendler geraten, so überfüllt war die Bahn. Nach guten 20 Minuten, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, erreichten wir unsere Haltestelle. Nun war es noch ein 15-Minuten-Fußmarsch bis zum Hotel, welches nicht unweit vom Flughafen lag. Samt Rucksack und Koffer wanderten wir so gen Abendsonne und erreichten schließlich den Empfangsbereich des Hotels. Eingecheckt, Zimmerkarte entgegengenommen, auf zum Aufzug. Das Hotel (Namen nenne ich hier jetzt mal wegen Schleichwerbung nicht – okay, es war das Motel One Hamburg Airport xD) wusste durch modernen Flair zu überzeugen. Alles wirkte hochwertig und stilvoll – fast schon Ikea-like, nur ohne die Duderös. Selbst so etwas Unwichtiges wie der Lift fiel mir positiv auf, denn so einen schnellen, leisen und ruckelfreien Aufzug hatte ich bis Dato noch nicht erlebt. Ehe wir uns versahen, erreichten wir die dritte Etage. Das gebuchte Zimmer war glücklicherweise klimatisiert, wofür ich in diesen heißen/ schwülen Tagen sehr dankbar war (da verzichtet man gerne auf eine überteuerte Minibar). Um das Wort »klein« nicht in den Mund nehmen zu wollen, würde ich das Zimmer als überschaubar oder ausreichend bezeichnen. Der Stil passte auch hier und das Bad war vom Feinsten (ich sage nur: Regendusche). Alles wirkte aufgeräumt, ordentlich und neuwertig. Nach dem ersten Eindruck ließ ich noch schnell das WLAN für‘s Zimmer aktivieren – was leider immer nur einer von uns beiden nutzen konnte – und warf mich dann unter die erwähnte Dusche. Nachdem ich mich vom Schweiß und Stress des Tages befreit hatte, fand ich schnell Schlaf auf der harten Matratze und den wolkig-flockigen Kissen.
Wir waren also in Hamburg angekommen. Dienstag, der erste »volle« Tag des Urlaubs, konnte kommen.

…und der startete erst mal mit einem Frühstück. Hotels und Frühstück, das ist immer so eine Sache, aber hier war ich eigentlich ganz zufrieden. Zu einem Festpreis konnte man sich ausgiebig am Buffet bedienen, das nun wirklich keine Wünsche offen ließ. Für mich war ein starker Kaffee vorrangig, um meinen inneren Motor zum Laufen zu bringen und gut in den Tag zu starten. Kaum landete das Nutella-Brötchen im Magen, machte ich mich mit meiner ebenfalls gesättigten Reisebegleitung ans Abarbeiten der Agenda. Vom S-Bahnhof aus sollte es nach Poppenbüttel, einem etwas außerhalb gelegenen Stadtteil Hamburgs, gehen, sobald wir das Bahnsystem begriffen hatten. Eigentlich konnte man nichts falsch machen, denn die Linie 1 brachte uns quasi überall hin. Doch trotzdem schafften wir es erst in die falsche Bahn zu steigen – oder eher in den falschen Bahnwagen. Was wir an diesem Vormittag lernten, war, dass die ersten drei Bahnwagen nicht immer das gleiche Ziel anfuhren wie die letzten drei. Ja, die Bahn »teilte« sich regelrecht während der Fahrt. Davon hatte ich noch nie gehört, fand es aber ganz interessant; glaube in und um Köln gibt es das so nicht (zumindest nicht planmäßig). Ebenfalls verwunderlich: Stellenweise hielten die dortigen U-Bahnen an oberirdischen Haltestellen. Also eine O-Bahn, wie Yuri bereits treffend formulierte. Ob nun ober- oder unterirdisch (oder beides), alle Bahnen waren stets auf die Minute genau. Und das in einem Rhythmus, wovon sich Köln mal eine ordentliche Scheibe abschneiden könnte.
Jedenfalls kamen wir schließlich in Poppenbüttel und steuerten gleich das ansässige Einkaufszentrum an. Warum? Weil wir kranke, hoffnungslose Fälle sind, aka Apple-Fans. Und Hamburg hat nun mal einen (bald zwei) offiziellen Apple-Store. Den galt es für uns natürlich zu besuchen. Darüber hinaus nutzten wir unseren kleinen Bummel auch, um einige andere Dinge einzukaufen – Hauptsächlich was zu essen -, aber der Store stand ganz oben auf unserer To Do-Liste. Für Apple-Fans ist dies eine Art Zufluchtsstätte oder kleiner Tempel, auch wenn der Store dort eher klein und nicht mit den beeindruckenden Exemplaren in Paris, London oder gar New York City vergleichbar ist. Trotzdem gab es hier natürlich massig »Spielzeug« mit dem Apfel-Logo drauf. Kein Wunder also, dass wir uns dort einige Zeit aufhielten und mit dem iPad & Co. unseren Spaß hatten. Nachdem wir das ganze Einkaufszentrum abgeklappert und die nötigen Besorgungen gemacht hatten, ging es erst mal für einen Zwischenstop zurück ins Hotel. Der Nachmittag brach herein. Immer noch war es ziemlich schwül und stickig. Für jeden Windfetzen, der etwas Abkühlung brachte, waren wir sehr dankbar.
Das nächste und letzte Ziel für diesen Tag war der Stadtteil Altona. Mein Kumpel verband mit Hamburg generell mehr als ich, verbrachte er in seiner Kindheit öfter Zeit hier, bei einer sehr guten Bekannten. Da diese leider vor einigen Jahren verstarb, war es eine Selbstverständlichkeit den Friedhof aufzusuchen. Die sengende Hitze erleichterte uns den langen, schweißtreibenden Weg nicht gerade, doch irgendwann kamen wir an der Stätte an und verweilten kurz dort. Die Last des Rückwegs nahm uns ein Bus ab, der uns zurück zur S-Bahnhaltestelle brachte. (Wieso haben wir ihn nicht auf dem Hinweg genommen? Im Nachhinein ist man immer schlauer…) Es dämmerte langsam, also suchten wir wieder unser gekühltes Hotelzimmer auf.

Mittwoch. Regen war zwar angekündigt, doch sollte er sich erst dem Süd-Westen Deutschlands widmen, ehe die Gewitterfront den Norden erreichte. Auch für die Mitte der Woche hatten wir uns etwas vorgenommen: Wir schnappten unsere sieben Sachen, warfen uns in die nächste S-Bahn und landeten an den herrlichen Landungsbrücken am Hafen. Frische Seeluft umwanderte meinen Riechkolben, eine steife Briese lag in der Luft. Interessiert schlenderten wir erst mal die Landungsbrücken rauf und runter, vorbei an etlichen Restaurants, Souvenirshops und grölenden Schreihälsen, die jedem Passanten ein fröhliches »Groooooooooooße Haaaaaafenrrrrrruuuundfaaaahrrrrrt« ins Gesicht schmetterten. Es lag auf der Hand, dass auch wir uns einer Hafenrundfahrt hingeben wollten, also kaperten wir uns eine Barkasse und ließen uns von einem echten Hamburger Urgestein durch die Elbe schippern. Wir passierten große Schiffe, Kräne und Gebäude, bahnten unseren Weg durch die engen Kanäle der bekannten Speicherstadt – und wieder zurück. Nach einer guten Stunde betraten wir Landratten wieder festen Boden und waren um einige Eindrücke und geschossenen Fotos reicher
.

Nach einer kleinen Stärkung nahmen wir die Speicherstadt genauer unter die Lupe, zu Fuß. In den vergangenen Jahren hatte Hamburg an (Touristen)Attraktionen dazu gewonnen. Darunter zählt auch das »Miniatur Wunderland«, welches wir als nächstes besuchten. Beschreiben kann man diese eigene Miniatur-Welt nicht wirklich. Man muss es mit eigenen Augen sehen, um es zu begreifen. Ob die Städte nun einem realen Vorbild entsprechen oder gänzlich aus der Fantasie der Erbauer stammen, es ist in jeder Hinsicht beeindruckend. Als Riese blickt man auf etliche Kulissen hinunter und kann sich nie ganz satt sehen. Wenn man hier einen Besuch plant, sollte man jedenfalls eines mitbringen: Zeit. Wir waren uns eigentlich sicher, dass wir genügend davon eingepackt hatten, doch nach einem flüchtigen Blick auf die Uhr, riss uns der fortschreitende Nachmittag aus der faszinierenden Traumwelt und wir eilten wieder zurück Richtung Hotel. Den angesetzten Besuch des benachbarten »Dungeons« verschoben wir so auf den folgenden Tag.
Der Nachmittag mutierte zum Abend, den wir schon mit einem Musical fest verplant hatten: »Der König der Löwen« (direkt gegenüber der Landungsbrücken). Ich war mir ziemlich sicher, dass die Vorstellung gegen 20 Uhr beginnen würde, doch als wir im Hotel noch mal auf die gekauften Eintrittskarten schauten, traf uns der Schlag: Beginn war um 18:30 Uhr, wir hatten nur noch knapp eine Stunde, es wurde eng. Schnell setzten wir uns wieder in Bewegung, stiegen in Bus und Bahn. Als wir die Landungsbrücken erneut erreichten, begrüßte uns ein kühler Regenschauer; wie angekündigt. So rannten wir durchs fallende Nass zu den »König der Löwen«-Fähren, die die Besucher direkt zum Musical-Gebäude transportierten. Praktisch, so musste man nicht selbst rüberschwimmen (…). Immerhin erreichten wir diese um 18:30 Uhr, so wie noch vereinzelt andere Besucher, die sich ebenfalls ungewollt verspätet hatten. Die Fähre setzte sich schließlich in Bewegung, lag am gegenüberliegenden Ufer an, und wir konnten ins Gebäude. Unglücklicherweise verpassten wir die erste Szene des Stücks, durften aber unsere Plätze kurz darauf einnehmen.
Die folgenden drei Stunden wurden wir bestens unterhalten. Was kann man über ein erfolgreiches Musical des wohl erfolgreichsten Disney-Films sagen?! Ich bin kein Musical-Experte und kann gewiss keine fundierte Kritik abgeben, doch als Laie war ich bestens unterhalten und geflasht. Es war beeindruckend, unglaublich gut gespielt, super umgesetzt. Das ganze Stück begleitete ein nostalgischer Touch, erinnerte ich mich doch gleich an meine Kindheit, als ich »Der König der Löwen« zum ersten Mal sah. Hinzu kam noch die brillante Live-Musik. Gänsehaut.
Nach dem Ende war ich, wie erwähnt, geflasht, hatte aber genügend Zeit, das Erlebte und Gesehene zu verarbeiten. Alle Zuschauer drängelten nämlich zu den pendelnden Fähren. Etwas über eine halbe Stunde warteten wir, ehe auch wir wieder an den Landungsbrücken ankamen. Gegen Mitternacht schlugen wir im Hotel auf. Erschöpft und durchnässt, und doch glücklich.

Die Landungsbrücken sahen wir am darauffolgenden Donnerstag wieder. Immerhin wollten wir noch das »Dungeon« besuchen, das dann, wie wir schnell merkten, mit etlichen Assi-Kiddie-Schulklassen hoffnungslos vollgestopft war; am Nachmittag sah es nicht besser aus. Etwas angefressen und enttäuscht entschieden wir uns letztlich gegen das »Dungeon«. Ausschlaggebend war nicht zuletzt der überteuerte Eintrittspreis von 21,- €, pro Person! Da wir aber noch auf der Souvenir-Meile waren, kaufte ich mir auf dem Weg zurück zur Bahnhaltestelle ein Andenken – in Form einer sprichwörtlich schrägen Tasse. Dann steuerten wir das nächste Ziel an, einige Stationen weiter…
Es war kurz nach Mittag, als wir auf der Reeperbahn ankamen. Logischerweise war um diese Zeit von Nutten und Freiern nichts zu sehen. Auch Huren müssen irgendwann mal Freier… äh, Feierabend haben, klar. Die Ecke wirkte in der Mittagssonne nicht verrucht und viel los war auch nicht. Aber wir waren ja nicht wegen der nackten, willigen Weiber und den gewaltbereiten Gangstern dort, sondern der Beatles wegen. Die begannen, wer wisse es nicht, ihre legendäre Karriere genau hier – auf der Reeperbahn. Die Stadt spendierte ihnen sogar ein Denkmal in Form eines runden Platzes mit stählernen Silhouetten der Ur-Besetzung (aka Beatles-Platz). Keinen Steinwurf entfernt lag das Beatles-Museum. Mein Fan-Herz schlug höher beim Rundgang durch die interessant gestalteten Stockwerke. Natürlich war der Museumstrip etwas zu kurz (für mich). Ich fand, man hatte sich dem Anfang mehr gewidmet als dem Ende. Doch letztlich war ich bzw. waren wir dann doch zufrieden. Gut gelaunt ging es nun in die Altstadt. Stadtbummel. Und die bot uns einen Anblick von modernen neuen sowie klassisch alten Gebäuden. Viel Trubel herrschte auf der Mönckebergstraße, einer bekannten Einkaufsmeile dort. Uns verschlug es in ein großes Einkaufszentrum, kauften dann aber doch nichts. Irgendwann wollten wir dann doch wieder ins Hotel zurück. Der Abend kam und auf dem Weg zurück zur Bahnhaltestelle passierten wir den zweiten Apple-Store, der sich zu dem Zeitpunkt leider noch im Bau befand und sich daher hinter einer schwarzen Holzfassade versteckte.
Auch der Donnerstag war nun gelaufen, und somit der letzte »volle« Urlaubstag in Hamburg.

Bis 12 Uhr mussten wir aus dem Hotel auschecken, was uns auch gelang. Die Woche war fast vorüber, nun traten wir wieder unsere Heimreise an. Da es noch gute drei Stunden dauerte bis der ICE an Hamburgs Hauptbahnhof eintraf, verscharrten wir den großen Koffer in ein Schließfach und schlenderten zum nahe gelegenen Saturn, dem größten, den ich bisher betreten durfte. Auf gleich mehreren weitläufigen Etagen fand man allerhand Technikkram. Das Sortiment schien unendlich. So kriegten wir die verbleibende Wartezeit schnell rum, aßen noch etwas und setzten uns dann in den ICE nach Hause.

Das war er also, mein erster richtiger Urlaub – ganz ohne Eltern und ganz ohne Strand. Ich habe die wenigen Tage genossen und es kam mir wirklich wie ein vollwertiger Urlaub vor, auch wenn ich bereits am folgenden Montag wieder auf der Arbeit erscheinen durfte/ musste. Hamburg ist wahrlich eine Reise wert, denn es gibt jede Menge zu sehen. Man sollte sich nur vor der Reise vergewissern, dass man drei Dinge dabei hat: viel Geld, denn die Stadt ist nicht gerade günstig; viel Zeit, denn es gibt (wie gesagt) sehr viel zu sehen und zu entdecken; und letztlich eine passende Begleitung, damit es zu einer unterhaltsamen, spaßigen Zeit wird, die man so schnell nicht mehr vergessen wird.



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