Hakahori

Motivation

Mittags, wenn die Hälfte des Arbeitstages gemeistert wurde, mache ich seit geraumer Zeit erst einen ausgedehnten Spaziergang, ehe ich mich einem stärkenden Happen widme. So verschaffe ich mir erst mal eine kurze, erholsame Ruhephase von den Kolleginnen und dem Arbeitsstress, muss anderen nicht beim Essen zusehen oder -hören, und kann mich an der frischen Luft etwas bewegen. Unbeeindruckt von Wind und Wetter, kann ich entweder meine Gedanken komplett ausblenden und ausschalten oder ich denke über Gott und die Welt nach.
Vor ein paar Tagen überfiel mich dabei der Begriff »Motivation«. Was motiviert mich eigentlich im Leben? Was bringt mich dazu, mich jeden Morgen halbtot aus dem Bett zu quälen, eine Stunde zur Arbeit zu tuckern, neun bis zehn Stunden auf einen Monitor zu starren und dann am späten Abend wieder ausgelaugt zu Hause aufzuschlagen? Geld wäre eine plausible Antwort, mir aber zu einfach.

Die Motivation im Leben sind selbstgesteckte Ziele, womit ich mir meine Frage quasi schon selbst beantwortet habe. In jungen Jahren werden diese Ziele von den Eltern oder der Gesellschaft festgesetzt, wie beispielsweise einen ordentlichen Schulabschluss bzw. Abitur. Während der Schulzeit schlägt man sich von Klausur zu Klausur und von Jahr zu Jahr durch. Man macht sich keine Gedanken über eine großartige Motivation, man tut es einfach, denn das Ziel ist absehbar. Danach folgt dann der Scheideweg: Ausbildung oder Studium. Ist auch diese Hürde genommen, folgt der Beruf. Aber was kommt danach? Welche motivierenden Ziele hat man im Leben, wenn man diese Etappen bereits (erfolgreich) hinter sich bringen konnte?
Die Frage muss sich jeder selbst beantworten, logisch, denn jeder Typ Mensch hat natürlich seine eigenen Ziele im Leben. Egal ob auf beruflicher oder privater Ebene. Auf kurze Sicht ist mein Hauptziel ein geregeltes (Arbeits)Leben inklusive einer eigenen Bleibe. Ich möchte auf eigenen Beinen stehen, eigen- und selbstständig leben. Einfach ein eigenes Leben führen, in dem man etwas Geld verdient, seine Rechnungen bezahlt und sich am Ende jeden Monats darüber aufregt, wie wenig man noch in der Tasche hat – wenn überhaupt. Auf kurze Sicht ist das ein nettes Ziel. Irgendwann wird man aber dieses Leben führen und man wird sich fragen: »Was jetzt?« Man könnte es noch eine Nummer größer aufbauschen und es gleich »Die Frage nach dem Sinn des Lebens« nennen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich der einzige verrückte Kerl bin, der so denkt, aber ich habe seit jeher das Gefühl, dass ich aus einem Grund lebe. Das soll jetzt nicht dick aufgetragen klingen, es ist durchaus ernst gemeint. Ich meine, irgendeinen Grund muss es doch geben, warum man hier ist, oder?! Bis zum Umkippen arbeiten und eine mickrige Rente kassieren, das kann es ja dann auch nicht sein. Gefühlt ist es ein bestimmter Grund, den ich aber so nicht zu fassen kriege. Es ist ja nicht so, dass ich ein besonderes Talent hätte. Ich bin in nichts besonders gut – eher in vielem besonders schlecht -, aber vor meinem geistigen Auge sehe ich einen plausiblen Grund, warum ich den ganzen Mist überhaupt mitmache. Ich bin nur zu blind, um ihn wirklich erkennen zu können. Mich würde mal interessieren, ob ich der einzige Depp bin, der so denkt/ fühlt oder ob es anderen ähnlich geht.
Vielleicht gaukelt mir mein Unterbewusstsein diesen »Grund« auch nur vor, damit ich auch ja keinen Grund habe, mich von der nächsten Brücke zu stürzen. Wer weiß…
Den Glauben lasse ich jetzt bewusst außen vor. Dieses Gefühl hat nichts mit irgendeiner Glaubensrichtung zu tun, also hört mir mit Bestimmung, Gott und Wiedergeburt auf (…).
Jedenfalls habe ich dieses Gefühl schon länger, deswegen grüble ich auch automatisch schon länger über die Frage nach einem Sinn hinter all dem nach. Eine bodenständige,weltliche, fast schon lächerlich einfache und klischeebehaftete Antwort lag mir auf der Zunge. Und dann kam ich, bei einem meiner Spaziergänge, an einem Friedhof vorbei. Drei oder vier Männer sind geschäftig dabei gewesen, ein frisches Grab umzugraben, es mit neuen Pflanzen zu bestücken und den Grabstein zu säubern. Bei diesem Anblick stelle ich mir selbst, wie aus der Pistole geschossen, die Frage, ob das auch jemals mal jemand für mich machen würde. Wenn ich mal nicht mehr bin, wird es dann Menschen geben, die an mich denken oder mein Grab besuchen würden? Klingt überzogen sentimental, ich weiß. Gehe ich aber vom natürlichen Gang aller Dinge aus, werden meine Eltern, wie es sich gehört, vor mir das Zeitliche segnen; und wenn ich mir meinen älteren Bruder ansehe (stressiger Job, starker Raucher, Biertrinker, nicht wirklich sportlich), dürfte er ebenfalls vor mir das Jenseits betreten – wobei ich natürlich hoffe, dass das bei allen dreien noch lange auf sich warten lässt. Eigene Kinder werde ich – quasi aus Überzeugung – nie haben. Also, was bleibt?
In diesem Moment fühlte ich mich in meiner auf der Zunge liegenden Antwort bestärkt.

Ein gutes Ziel, das sich jeder ruhig setzen sollte, ist es, im Leben so viele gute Freunde zu finden, wie es nur irgendwie möglich ist. Und nein, hier ist nicht die Rede von Klassenkameraden oder Arbeitskollegen. Ich spreche hier von wirklich guten Freunden, ehrlichen Menschen, die einem auch dann nicht den Rücken kehren, wenn es einem schlecht geht oder man mal Mist gebaut hat. Vertraute, die einen nicht ausnutzen, um einen nach kurzer Zeit wieder links liegen lassen zu können. Solche ungeliebten Exemplare, die sich immer nur dann melden, wenn sie etwas brauchen, und sei es nur Unterhaltung oder Gesellschaft.
Wer kann schon wirklich von sich behaupten, er hätte grundlegend gute Freunde? Etwa die Facebook‘ler, die sich mit einer beachtlichen Anzahl von »Freunden« schmücken? Wohl eher nicht. Ich denke, man kann sich im Leben schon glücklich schätzen, wenn man eine Handvoll wirklich guter Menschen um sich versammeln kann.
…die einem dann das Grab machen? Nein, darauf wollte ich gar nicht hinaus ;)
Mir geht es viel mehr um eine Grundeinstellung im Leben, die einem nur weiterhelfen kann. Und wenn man nun mal freundlich und hilfsbereit ist, kommen gute Freunde von ganz allein (das sind nämlich die, die übrig bleiben, wenn man die Assis abzieht, die nur nehmen, aber niemals etwas geben).

Um mal wieder die Kurve zu kriegen: Meine gesunde Grundmotivation, ist die Möglichkeit, sein eigenes Leben zu gestalten – Tag für Tag – und dabei das Beste aus jeder Situation zu machen. Dinge mal aus einer anderen Perspektive sehen, selbstlos anderen Menschen eine Freude machen, sie zum Lachen bringen oder einfach nur da sein und zuhören. Das klappt bei mir nicht immer, sicher, aber solange sich langfristig nichts an dieser Einstellung ändert, lebt man sicher gesund (bis zu einem bestimmten Grad).
Denn letztlich ist man nur ein kleiner, unbedeutender Fisch in einem unendlich großen, weiten Teich. Und ich wäre vollkommen zufrieden und froh, wenn ich es auch nur bei einem einzigen Menschen auf diesem gottverdammten Planeten in dessen Gedankenwelt schaffen würde. Irgendjemand, dem ich irgendetwas bedeute und für den ich irgendeinen Wert darstelle, der mal ab und zu einen (positiven) Gedanken an mich verschwendet – und sei es auch nur für einen kurzen Moment.
Dieses Ziel motiviert mich.

Und dann war die Mittagspause vorbei. Ich kehrte wieder mit frischen Gedanken ins Büro zurück – samt mit der Erkenntnis, dass ich noch einiges an Arbeit vor mir habe.



Keine Kommentare

  1. Floppi sagt:

    Schöner Blog-Post :)

    Auch ’n Flo stellt sich oft die Frage, wofür er denn lebt. Inzwischen weiß er’s aber.

    Bloß für sich selbst.

  2. Floppi sagt:

    Was soll denn das hier? Da steht noch immer „keine Kommentare!“

    Wehe ich werd hier nochmal als keiner beschimpft >.< pf.

  3. Der_Shaddy sagt:

    Sehr tiefsinnig! Gefällt mir wirklich gut der Blog-Post.

    Mir geht es oft auch nicht anders, die letzten Monate zogen nur so an mir vorbei. Man fragt sich oft was man eigentlich geschaft hat, btw hätte schaffen können und ob es das nun sein soll. Mein Ziel z.b. ist erreicht, aber wie soll es weiter gehen? Jahre lang das selbe machen? Oder sich verwirklichen? Alles nicht einfach! Könnte so noch ein paar Stunden weitermachen … aber genug von mir! …

    Klasse Blog-Post, weiter so! ^^