Hakahori

Der Nächste bitte

Persönliche Evolution

Denke ich ein oder vielleicht zwei Jahre zurück, sehe ich mich aktuell meist mit anderen Augen. Veränderungen gehören zum Leben dazu. Das ist, meiner Meinung nach, der Sinn des Lebens, das, was das Leben überhaupt lebenswert und interessant macht. Was das auf mich bezogen in erster Linie bedeutet, ist die Feststellung, dass ich mich momentan wohl fühle und ich die schleichenden Veränderungen bisher gut überstanden habe.
Wenn ich versuche tiefer zu Graben um nach den Auslösern dieser Veränderungen zu suchen, bleiben eigentlich immer nur zwei Faktoren übrig: Umstände und Umfeld.
Der Umstand, dass ich mittlerweile eigenständig lebe, ohne Eltern, die einen umsorgen, hat sicherlich zu einer selbstständigeren, anderen Denke geführt. Das Umfeld, das sich nun mal zwangsläufig mit der Zeit verändert, drischt dann mit Erfahrungen auch noch auf einen ein. Und der Matschklumpen Mensch, der daraus geformt wird, bin ich. Das momentane Ich. Kritisch, selbstkritisch, zynisch, sarkastisch, voller Wut und doch irgendwie Banane. Ich halt.

Gehen wir ins Detail: Menschen und die Erlebnisse mit ihnen formen einen (zu einem Individuum, hoffentlich). Mich zumindest. Ein klassisches Beispiel ist die Arbeit. Dadurch, dass ich mich inzwischen gut mit allen Kolleginnen und Kollegen verstehe, bin ich deutlich lockerer geworden. Ich kann jetzt jedermann einschätzen und weiß, wer in etwa wie tickt. Humor spielt dabei bei mir die Hauptrolle. Reicht es bei den einen nur für einen nichtssagenden Smalltalk, kann ich mir mit anderen schon eher die humoristischen Bälle hin und her werfen. Heute komme ich ins Büro und verbreite gute Laune, egal wie scheiße es den anderen auch gehen mag. Ich bin so etwas wie ein Klassenclown geworden, der mal frech, mal tiefschwarz und natürlich ziemlich sarkastisch austeilen kann. Das kommt glücklicherweise gut an. So gut, dass man mich sogar schon vermisst, wenn ich mal Urlaub mache (WENN ich mal Urlaub mache…). Dass es bis dahin fast zwei Jahre gedauert hat, ist wenig überraschend.
Ich war nie ein wirklich selbstbewusster Mensch. Ob es an der Erziehung lag oder eben am »falschen« Umfeld zu Schulzeiten, ich weiß es nicht. Jedenfalls war es so. Eigentlich ist es noch immer so, wenn auch nicht mehr so schlimm. Eigentlich bin ich ein ruhiger, introvertierter Kerl und das war ich auch zu Beginn meines Jobs. Es hat seine Zeit gedauert, bis ich langsam ankam und es ist nicht wenigen aufgefallen, dass ich – aus Gründen – nicht wirklich viel über mein Privatleben gesprochen habe. Das alles hat sich geändert und es hat interessanterweise viel mit Wut und Schmerz zu tun.
Irgendwann wurde mir bewusst, dass ich nie ein selbstbewusster, dafür aber ein hilfsbereiter und gutgläubiger Mensch war und genau DAS wurde schon immer skrupellos ausgenutzt. ICH wurde irgendwo immer skrupellos ausgenutzt und nie wirklich ernst genommen. Ich habe mich ja selbst nicht mal ernst genommen. Zu Schulzeiten, im Freundeskreis, während der Ausbildung und – das ist das Schlimmste – in der Familie: immer war ich der Depp. Und das wurde mir, wie gesagt, irgendwann mal richtig bewusst. Besser spät als nie. Es tat weh, klar, und ich habe mir selbst die Frage gestellt, ob das wirklich ich bin und ob ich mir das mein ganzes Leben lang gefallen lassen muss. Die Antwort war klar. Und so habe ich mich zwangsweise selbst aufgetaut, mit einer gesunden Portion Wut im Bauch, die ich bis heute mit mir rumtrage. Wut als Motivator, sozusagen. Worauf sich diese Wut genau bezieht, kann ich nicht sagen. Vielleicht auf gewisse Leute, vielleicht aber auch auf mich. Jedenfalls treibt mich genau das an, der zu sein, der ich heute bin. Selbstbewusster und mit einer fast schon egozentrischen FU-Einstellung allem und jedem gegenüber. Nach dem Motto: ihr hattet euren Spaß, jetzt bin ich dran!

Das alles ist erst in letzter Zeit passiert, im Laufe der letzten ein oder zwei Jahre. Für mich also eine große Veränderung, die zwar längst überfällig war, aber keine Allgemeinlösung darstellt. Im Grunde genommen biegt und reckt man sich, um einen Platz im Leben zu finden. Ja, ich glaube darum geht es mir letztlich. Ich versuche meinen Platz rauszufinden. Wo gehöre ich hin, wohin soll es gehen – beruflich und privat? Darauf habe ich noch keine eindeutige, endliche Antwort gefunden. Wahrscheinlich werde ich das auch nie, wer weiß.
Nicht falsch verstehen: Der Job, den ich damals eher notgedrungen und gleichzeitig dankend annahm, macht mir zwar Spaß, ist aber für mich eine kaufmännische Sackgasse. Es fehlt der Weg nach oben, man kann nicht aufsteigen. Über kurz oder lang werde ich meinen Job also wechseln müssen, und genau da quält mich die ungewisse Frage, wohin es gehen wird.
Streng genommen wohne ich auch eher sporadisch als sesshaft. Natürlich habe ich mich mittlerweile bestens eingelebt und besten Gewissens eingerichtet, fühle mich auch pudelwohl und möchte mein kleines Reich auch nicht mehr missen, aber großartig einnisten kann ich es nicht nennen. Es fühlt sich einfach nicht so an. Vielleicht weil es eine etwas ruhigere Gegend ist. Vielleicht aber auch, weil ich einen Single-Haushalt führe, keine Ahnung.
Im Leben angekommen fühle ich mich jedenfalls noch nicht – und das betrifft sowohl das Berufs- wie auch das Privatleben. Dennoch mache ich das Beste draus. Ja doch, das kann man schon behaupten. Meinen Humor kann ich neben der monotonen Arbeit mit ein paar Kollegen und Freunden ausleben. Ich versuche Kontakte außerhalb zu knüpfen, versuche so oft es geht am Wochenende überall zu sein, nur nicht zu Hause und/oder allein. Der Kontakt zu den Eltern ist auch weiterhin vorhanden und prächtig. Den Haushalt kriege ich ohne Probleme hin. Meine Gesundheit macht, bis auf kleinere Ärgernisse, auch das, was sie soll; halbwegs, denn einerseits bin ich so fit, andererseits aber auch so kaputt wie noch nie. Ich kann mich also im Großen und Ganzen nicht beklagen – wenn da nicht die Zukunft wäre. Aber vielleicht sollte ich mir darüber nicht zu sehr den Kopf zermartern, denn glücklicherweise geht es dann ja doch irgendwie immer weiter. Dinge kommen und gehen, genau so wie Menschen, Ereignisse, Gelegenheiten und so weiter und so fort. Oder in anderen Worten:
»Warum sich über das Leben sorgen? Niemand überlebt es.«



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