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Hakahori

Vinylliebe

In letzter Zeit entwickle ich eine neu aufkommende Liebe zu dem was war – zu Retro-Krams. Die Schreibmaschine meiner Mutter ist ein passendes Beispiel. Als Kind habe ich schon spaßeshalber darauf herumgetippt, stundenlang und ohne großen Sinn oder Verstand, was ich da eigentlich schrieb und, was ich erst im Nachhinein erfahren sollte, was mir etliche Jahre später den Informatikkurs in Sachen 10-Finger-System deutlich erleichterte. Seitdem verstaubte diese Schreibmaschine im Keller meiner Eltern, ehe ich sie zufällig wiederentdeckte und in meine Wohnung entführte. Erst als Erinnerung und Deko gedacht, dauerte es nicht lange und ich malträtierte meine Nachbarn mit den dumpfen Anschlägen eines jeden getippten Buchstabens. Das hat Stil!
Ähnlich retro-esk verlief die Geschichte einer weiteren Leidenschaft meinerseits – wie wohl jedem anderen Menschen auch: der Musik. In einem Zeitalter, in der selbst die einst glorreiche CD so langsam aber sicher zu den todgeweihten Medien gehört und von der digitalen (Musik)Industrie förmlich zum Schafott gezerrt wird, erfreut sich ein längst vergessenes, rundes, schwarzes Medium – nicht nur bei mir – neuer Beliebtheit. Die Rede ist natürlich von der Schallplatte.

Ich bin mir nicht sicher, woher diese Zuneigung zu dem großen, runden Etwas kommt. Vielleicht ist es in etwa so wie bei der Schreibmaschine. Die LP hat etwas nostalgisches, fast schon etwas erhabenes; und legt man erst mal die Nadel auf das rotierende Vinyl, hat sie bei den ersten entstehenden Klängen auch irgendwo etwas magisches. So was fasziniert mich, Technologie aus einer Zeit, die vor meiner Geburt den Ton angab, sprichwörtlich. Glücklicherweise bin ich da nicht der einzige, der so denkt, wenn man sich die wiederkehrenden Platten in größeren Musikhäusern so ansieht. Immer mehr (junge) Menschen tummeln sich rudelartig um das meist arg begrenzte Schallplattenregal, wo auch unlängst aktuelle Hits von Adele oder Lady Gaga zu finden sind. Dieses verhalten wirft bei passierenden Jugendlichen die Frage auf:
»Warum kaufen sich diese Deppen teure, unhandliche Schallplatten, wo sie es mit ‘ner CD deutlich günstiger haben könnten?«
Eine berechtigte Frage.
Beantworten kann das vielleicht am Besten die Reaktion eines Freundes, der noch aus vergangenen Zeiten, wie meine Eltern, Platten in irgendeinem Karton irgendwo in seinem feuchten, düsteren Keller verstaut hält. De facto bräuchte er diese ja nicht, denn sie liegen im Keller und werden nicht gehört. Auf meine Nachfrage, ob er mir nicht netterweise ein paar überlassen könne, meinte er nur knapp aber bestimmend, dass das nicht ginge. Und ich verstand.
Logisch, Schallplatten aus vergangenen Zeiten verbindet man mit Erinnerungen aus vergangenen Zeiten. So wie einem bei bestimmten Orten, Namen, Gerüchen oder einem Geschmack abgespeicherte Erinnerungen wieder hochfahren, speichert der Mensch auch viel über die Musik ab. Bei einer Schallplatte ist es aber nicht nur die Musik allein, sondern auch die haptische Wahrnehmung, die Hülle, das Cover, das Vinyl selbst, das Erinnerungen speichert. Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass das heute nicht mehr der Fall ist. Nicht bei CDs und erst recht nicht bei digitaler Musik. Hier transportiert ausschließlich die Musik die Emotionen, nicht die Internetseite, die Zeit oder der Ort, wo man sich dieses oder jenes Album auf die Platte gezogen hat.
Vinyl transportiert. Und wenn man, wie in meinem Fall, noch zu jung für Retro-Erinnerungen ist, herrscht immerhin noch die Nostalgie.
Darüber hinaus gibt es noch zwei Eigenschaften, die die Schallplatte zu einem anderen, besonderen Verhalten zur Musik und dem Medium verleiten. Die Kostbarkeit! Den ganzen Beitrag lesen »


10. Januar 2013 - Tags: ,